Schadenersatzpflicht bei Widerruf

Nach § 139 BVergG ist ein Vergabeverfahren nach Ablauf der Angebotsfirst zu widerrufen, wenn Umstände bekannt werden, die, wären sie schon vor Einleitung des Vergabeverfahrens bekannt gewesen, eine Ausschreibung ausgeschlossen hätten oder zu einer inhaltlich wesentlich anderen Ausschreibung geführt hätten oder gar kein Angebot eingelangt ist oder nach dem Ausscheiden von Angeboten kein Angebot im Vergabeverfahren verbleibt.

Langt jedoch nur ein Angebot ein, verbleibt nach dem Ausscheiden von Angeboten nur ein Angebot oder liegen sachliche Gründe für den Widerruf vor, ist der öffentliche Auftraggeber lediglich dazu berechtigt das Vergabeverfahren zu widerrufen. Ob ein sachlicher Grund vorliegt, ist im Einzelfall zu prüfen. Die nachträgliche mangelnde budgetäre Deckung sowie die überhebliche Überschreitung der Kostenschätzung wurden von der Nachprüfungsbehörde als derartige Gründe angesehen.

Liegt kein im Gesetz vorgesehener Widerrufsgrund vor, darf der Auftraggeber das Vergabeverfahren nicht widerrufen. Bekämpft werden kann eine unrechtmäßig erfolgte Widerrufsentscheidung innerhalb der vorgesehenen Fristen mittels Nachprüfungsantrag. Stellt sich in diesem Verfahren heraus, dass der Widerruf zu Unrecht erfolgt ist, muss der Auftraggeber anhand seiner Ausschreibung und der eingelangten Angebote den Zuschlag erteilen. Liegt jedoch ein gesetzlicher Widerrufsgrund vor, muss der Auftraggeber das Vergabeverfahren widerrufen um nicht rechtswidrig zu handeln.

Stützt sich der Auftraggeber beim Widerruf auf einen gesetzlich vorgesehenen Widerrufsgrund, können Bieter ohne vorherige Durchführung eines Nachprüfungsverfahren die entstandenen Beteili-gungskosten, wie Kosten der Angebotserstellung, der Ausschreibungsunterlagen sowie die Kosten der Teilnahme am Vergabeverfahren selbst, fordern.

Erbringt der Auftraggeber den Beweis, dass ihn kein Verschulden am Widerruf des Verfahrens trifft, geht der Schadenersatzanspruch des Bieters ins Leere. Dieser Beweis ist leicht zu erbringen, wenn kein oder nur ein Angebot eingelangt ist oder nach Prüfung der Angebote kein oder nur ein An-gebot übrig bleibt.

Bei einem Widerruf infolge behaupteter sachlicher Gründe oder neuer Umstände, die bei Kenntnis vor Einleitung des Vergabeverfahrens eine Ausschreibung ausgeschlossen oder zu einer inhaltlich wesentlich anderen Ausschreibung geführt hätten, kann sich der Auftraggeber nicht mehr so leicht freibeweisen. Für ihn gilt der erhöhte Sorgfaltsmaßstab des § 1299 ABGB und er haftet bereits für einen minderen Grad des Versehens. Widerruft der Auftraggeber daher zum Beispiel, weil die Angebotspreise weit über den Schätzkosten liegen, muss er beweisen, dass seine Kostenschätzung richtig war.

Da Schadenersatzansprüche erst in drei Jahren verjähren haben Bieter in diesen Fällen gute Chancen die entstandenen Beteiligungskosten vom Auftraggeber erstattet zu bekommen.

 

 

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