Gewährleistungsregeln

Ab 1. Jänner 2021 gilt: Nach dem neuen Gewährleistungsrecht wird die Gewährleistung für Verbraucher in drei Gesetzen geregelt, nämlich dem Konsumentenschutzgesetz (KSchG), dem Verbrauchergewährleistungsgesetz (VGG) und dem Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB). Da sich das VGG mit dem Kauf von Waren und der Bereitstellung digitaler Leistungen im Rahmen von Verbrauchergeschäften beschäftigt, die grundsätzlich im Geschäftsverkehr der Ziviltechniker mit ihren Auftraggebern kaum eine Rolle spielt, möchte der vorliegende Beitrag einen Überblick über die neue Rechtslage nach dem KSchG und ABGB geben.

Vorausgeschickt sei, dass die Gewährleistung nur gegenüber dem unmittelbaren Vertragspartner geltend gemacht werden kann. Weiters ist zu beachten, dass Gewährleistung immer erst dann in Betracht kommt, wenn die Übergabe/Lieferung bereits erfolgt ist. Zudem muss ein Mangel vorliegen, das bedeutet, dass die Sache nicht die ausdrücklich vereinbarten oder gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften aufweist.

Gewährleistungsbehelfe nach dem ABGB

Die Gewährleistungsbestimmungen des ABGB gelten grundsätzlich insbesondere für Verträge zwischen Unternehmern, Verträge zwischen Privaten, Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen (Werkverträge), Verträge über unbewegliche Sachen (z.B. Immobilienkauf).

Ist eine Sache (Ware/Dienstleistung etc.) mangelhaft, so kann deren Übernehmer grundsätzlich Verbesserung oder Austausch der Sache verlangen. Die damit in Zusammenhang entstehenden Kosten hat der Übergeber zu tragen.

Zu beachten ist, dass der OGH ausgesprochen hat, dass wenn der Übernehmer dem Übergeber nicht die durch das Gesetz eingeräumte Chance der Verbesserung oder des Austauschs gibt, sondern die Sache selbst oder durch Dritte verbessern lässt, vom Übergeber nur jene Kosten begehen kann, die diese hätte aufwenden müssen.

Sind die Verbesserung oder der Austausch nicht möglich, so kann der Preis der Sache gemindert oder der Vertrag aufgelöst werden. Einer gerichtlichen Geltendmachung bedarf es an dieser Stelle nicht mehr.

Preisminderung und Vertragsauflösung sind zudem möglich, wenn der Aufwand für die Verbesserung oder den Austausch mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand für den Übergeber verbunden ist (Abwägung zwischen Wert der mangelfreien Sache, Schwere des Mangels und Unannehmlichkeiten des Übernehmers der Sache).

Die Unverhältnismäßigkeit ist grundsätzlich zu bejahen, wenn der mit der Verbesserung verbundene Aufwand in keinem Verhältnis zur Bedeutung des Mangels für den Übernehmer steht.

Verweigert der Übergeber die Verbesserung oder den Austausch oder nimmt diese in angemessener Frist (Länge ist einzelfallabhängig) nicht vor, so kann ebenfalls Preisminderung oder die Vertragsauflösung begehrt werden. Gleiches gilt, wenn der Austausch oder die Verbesserung erhebliche Unannehmlichkeiten für den Übernehmer mit sich bringt oder es dem Übernehmer unzumutbar ist, dass der Austausch oder die Verbesserung durch den Übergeber erfolgt (Gründe liegen in der Person des Übergebers).

Sämtliche Gewährleistungsbehelfe können vom Verbraucher nun durch formfreie Erklärung (außergerichtlich) geltend gemacht werden.

Gewährleistungs- und Verjährungsfristen nach dem ABGB

Die folgenden Fristen können grundsätzlich durch Vereinbarung verkürzt oder verlängert werden.

Die Gewährleistungsfrist wird ab der Übergabe der Sache gerechnet und beträgt bei beweglichen Sachen zwei Jahre und bei unbeweglichen Sachen drei Jahre. Grundsätzlich haftet der Übergeber für jeden Mangel, der innerhalb dieser Fristen hervorkommt. Bei Rechtsmängeln muss der Mangel im Zeitpunkt der Übergabe vorliegen. Rechtsmängel liegen vor, wenn der Übergeber dem Übernehmer nicht die vertraglich vereinbarte Position verschafft, etwa, wenn der Verkäufer eines Grundstücks nicht Eigentümer, sondern nur ein Baurecht am Grundstück besitzt und der Käufer daher kein Eigentum erwerben kann.

„Haken“ an der Gewährleistung ist, dass der Übernehmer grundsätzlich beweisen muss, dass der Mangel der Sache bereits bei der Übergabe vorlag (Beweislastregel). Eine „Entschärfung“ für den Übernehmer bringt hier eine Beweislastumkehr: Innerhalb der ersten sechs Monate muss der Übergeber beweisen, dass der Mangel bei der Übernahme nicht vorhanden war, sondern erst später aufgetreten ist.

Achtung: Die in den Medien verbreitete Nachricht, dass die Beweislastumkehr auf ein Jahr ab Übergabe verlängert wurde, bezieht sich allein auf den Anwendungsbereich des VGG und somit nur auf den Kauf von Waren und die Bereitstellung digitaler Leistungen im Rahmen von Verbrauchergeschäften.

Von der Gewährleistungsfrist ist die Verjährungsfrist zu unterscheiden. Letztere legt fest, wie lange man Zeit hat, die Ansprüche (gerichtlich) geltend zu machen. Diese beträgt bei Ansprüchen aus Preisminderung und Vertragsauflösung drei Monate nach Ablauf der Gewährleistungsfrist. Bei Rechtsmängeln beträgt sie zwei Jahre. Ansprüche aus Mängeln an unbeweglichen Sachen verjähren hingegen drei Jahre nach dem Zeitpunkt an dem sich der Mangel zeigt.

Folgen für den Übergeber

Wurde der Mangel innerhalb der Verjährungsfrist angezeigt, so kann er dem Übergeber der Sache bei dessen Entgeltforderung entgegengehalten werden, und zwar zeitlich unbefristet.

Zudem hat der Übernehmer grundsätzlich das Recht, das Entgelt bzw. den Kaufpreis der Sache bis zur Mängelbehebung zurückzubehalten. Die Grenze der Zurückbehaltung liegt laut Judikatur dort, wo die Schikane anfängt.

„Händlerregress“

Ausgangspunkt ist ein Übergeber, der Unternehmer ist und einem Verbraucher Gewähr leisten musste. Dieser kann seinerseits von seinem Vormann, sofern es sich auch hier um einen Unternehmer handelt, Gewährleistung fordern – und zwar auch dann, wenn die oben genannte Gewährleistungsfrist bereits abgelaufen ist. Dieser Vormann kann wiederum im Verhältnis zu seinen Vormännern Gewährleistungsrechte geltend machen.

Der Anspruch ist grundsätzlich mit der Höhe der aus der Gewährleistungspflicht entstandenen Nachteile beschränkt. Allerdings kann der Übergeber von seinem Vormann auch den Ersatz des ihm durch die Verbesserung oder den Austausch entstandenen Aufwands verlangen, sofern er unverzüglich nach Bekanntgabe des Mangels seinen Vormann zur Gewährleistung aufgefordert hat, der der Vormann allerdings nicht innerhalb angemessener Frist nachkam.

Der Händlerregress muss innerhalb von drei Monaten nach Erfüllung der eigenen Gewährleistungspflicht geltend gemacht werden. Zudem kann nach fünf Jahren, ab Leistungserbringung durch den Vormann, der Händlerregress nicht mehr geltend gemacht werden.

Vertragsvereinbarungen die den Händlerregress ausschließen oder beschränken sind nur gültig, wenn sie im Einzelnen ausgehandelt wurden und den Übergeber unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nicht gröblich benachteiligen. Somit ist ein Ausschuss oder eine Beschränkung des Händlerregresses durch AGB nicht möglich.

Sonderregelungen nach dem KSchG

Vor allem scheint in diesem Zusammenhang wichtig, dass die Gewährleistungsrechte des Verbrauchers vor Kenntnis des Mangels nicht ausgeschlossen oder eingeschränkt werden können.

Für einen Rücktritt des Verbrauches vom Vertrag wegen Verzug des Unternehmers sind nun zwei aufeinanderfolgende Erklärungen durch den Verbraucher erforderlich: die Aufforderung zur Leistung unter Setzung einer Nachfrist und die Rücktrittserklärung. Die Nachfristsetzung kann (anders als nach dem ABGB) nicht mehr mit der bedingten Rücktrittserklärung verbunden werden.

Auch bei Fixgeschäften (Leistungserbringung innerhalb einer Frist oder zu einem bestimmten Zeitpunkt) können Verbraucher nicht sofort vom Vertrag zurücktreten. Der Vertrag wird erst durch eine Rücktrittserklärung des Verbrauchers aufgelöst.

Exkurs FAGG

Wie bereits in der Ausgabe der ZT-Nachrichten 4/2020 (Rubrik „Aus der Rechtsprechung“) ausführlich dargestellt wurde, ist zu beachten, dass der Verbraucher über sein Rücktrittsrecht nach Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz (FAGG) belehrt wird. Ein Muster zur Erfüllung der Informationspflichten hält die Bundeskammer unter www.arching.at (Mitglieder, Musterverträge/Rechtsinfos, „Musterblatt für die Erfüllung der Informationsrechten gemäß Dienstleistungsgesetz, Konsumentenschutzgesetz und Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz“) für Sie bereit.

Abgrenzung zur Garantie

Zu guter Letzt noch ein Hinweis zum, in der Praxis meist synonym benutzten, Begriff der Garantie: Eine Garantie wird stets freiwillig gewährt. Daher ist deren Umfang und Dauer auch variabel (keine gesetzlichen Vorgaben). Wird eine solche gewährt, steht sie dem Begünstigten daher zusätzlich zur der Gewährleistung zur Verfügung.

 

Stand: 12.11.2021