Wie funktioniert der Rechtsschutz im Vergabeverfahren

In puncto Rechtsschutz bei einem Vergabeverfahren, das dem BVergG unterliegt, kommt es vor allem auf eine rasche Reaktion an. Der folgende Beitrag gibt Antwort auf das Warum und somit aus gegebenem Anlass einen Überblick über den Rechtsschutz bei Vergabeverfahren.

Zuerst gilt es das richtige Rechtsmittel zu wählen: So stellt man bis zur Beendigung des Vergabeverfahrens einen Nachprüfungsantrag. Um zu verhindern, dass das Verfahren weiter läuft und unumkehrbare Fakten geschaffen werden, ist es ratsam, ergänzend zum Nachprüfungsantrag einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zu stellen. Kommt das Gericht diesem Antrag nach, so bleibt das Verfahren üblicherweise im jeweiligen Stadium stehen, bis über das Nachprüfungsverfahren entschieden wurde. Nach Beendigung des Vergabeverfahrens durch Zuschlagserteilung oder Widerruf ist hingegen ein Feststellungsantrag zu stellen.

Nachprüfungsverfahren

Antragslegitimiert sind Bieter, denen durch „Unregelmäßigkeiten“ während des Verfahrens ein Schaden oder Nachteil droht. Wichtig ist, sofort tätig zu werden, damit das Gericht diesen Verfahrensschritt für nichtig erklären kann und der Auftraggeber durch neuerliches Handeln den Fehler bereinigt. Dies kann immer nur für den letzten „Schritt“ geschehen, da die vorherigen „Schritte“ bestandsfest werden und somit nicht mehr bekämpft werden können. Sind z.B. die Ausschreibungsunterlagen fehlerhaft und werden nicht bekämpft, so kann dieser Fehler in einem späteren „Schritt“ des Verfahrens nicht mehr vorgebracht werden.

Unweigerlich stellt sich nun die Frage, was die „Schritte“ des Verfahrens sind. Das Bundesvergabegesetz selbst nennt diese „gesondert anfechtbare Entscheidungen“ und zählt sie für jede Vergabeverfahrensart in § 2 Z 15 BVergG auf. Selbstredend muss die Entscheidung des Auftraggebers jedenfalls zuerst in Erscheinung treten, um eine gesondert anfechtbare Entscheidung darzustellen. Der Versuch, die Zuschlagsentscheidung für eine gewisse Zeit geheim zu halten, ist daher nicht zielführend.

Am Beispiel des offenen Wettbewerbs bedeutet das: § 2 Z 15 lit. kk BVergG beschreibt die „gesondert anfechtbare Entscheidungen“ des offenen Wettbewerbs, also mit anderen Worten die Verfahrensschritte. Diese sind: die Ausschreibung; eine allfällige Widerrufsentscheidung; die Entscheidung über die Zuweisung des Preisgeldes bzw. der Zahlungen (beim Ideenwettbewerb) oder über die Nicht-Zulassung zur Teilnahme am anschließenden Verhandlungsverfahren (beim Realisierungswettbewerb).

Wird nun beispielsweise der Wettbewerbsteilnehmer A nicht zur Teilnahme am anschließenden Verhandlungsverfahren zugelassen, so kann er lediglich diese Entscheidung bekämpfen. Dass in den Ausschreibungsunterlagen ein unangemessenes Eignungskriterium enthalten ist, kann A bzw. ein anderer Wettbewerbsteilnehmer nicht mehr geltend machen.

An dieser Stelle sollte besonders hervorgehoben werden, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshof, nach Berichtigung bestandsfester Ausschreibungsunterlagen durch den Auftraggeber die Bieter die Ausschreibungsunterlagen nicht generell, sondern nur bezogen auf die erfolgten Änderungen anfechten können.

Wichtig ist auch, dass der Antrag auf Nachprüfung einer bestimmten gesondert anfechtbaren Entscheidung binnen der Anfechtungsfrist eingebracht wird. Grundsätzlich beträgt diese Frist 10 Tage, wobei es Sonderregelungen gibt (§ 343 BVergG). So endet die Frist bei Nachprüfungsanträgen (ausgenommen die Bekanntmachung einer Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung), wenn die Angebotsfrist, die Frist zur Vorlage der Wettbewerbsarbeiten oder die Teilnahmeantragsfrist mehr als 17 Tage (bei nicht elektronischen Übermittlungen mehr als 22 Tage) betragen, sieben Tage vor Ablauf der Angebotsfrist, der Frist zur Vorlage der Wettbewerbsarbeiten oder der Teilnahmeantragsfrist. Achtung: Das Rechtmittel muss vor Ablauf der Frist beim Gericht einlangen.

Welche Inhalte der Nachprüfungsantrag aufweisen muss, regelt § 344 Abs. 1 BVergG. Gut zu wissen ist in diesem Zusammenhang, dass das Gericht an die angeführten Beschwerdepunkte gebunden ist. Daher darf das Gericht andere, als vom Antragsteller geltend gemachte Rechtsverletzungen, nicht aufgreifen.

Stellt das Gericht fest, dass der geltend gemachte Rechtsverstoß wirklich vorliegt und hat die festgestellte Rechtswidrigkeit wesentlichen Einfluss auf den Verfahrensausgang (also ohne Rechtsverletzung anderes Ergebnis des Vergabeverfahrens), so hat das Gericht die gegenständliche, gesondert anfechtbare Entscheidung für nichtig zu erklären. Der Auftraggeber hat daraufhin diesen Verfahrensschritt erneut und rechtskonform zu setzen.

Feststellungsverfahren

Da das Vergabeverfahren grundsätzlich abgeschlossen ist, handelt es sich hierbei um einen nachträglichen Kontrollmechanismus. Die Einbringungsfrist beträgt sechs Monate ab dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller vom Zuschlag bzw. Widerruf Kenntnis erlangt hat oder erlangen hätte können. Bei im Verfahren verbleibenden Bietern verkürzt das BVergG die Frist allerdings auf 30 Tage ab dem Tag der Übermittlung bzw. Bereitstellung der Zuschlagserteilung.

Für Bieter, die nicht im Verfahren verblieben sind, läuft ebenfalls eine 30-tägige Frist ab der erstmaligen Verfügbarkeit einer Bekanntmachung über die erfolgte Vergabe nach durchgeführtem Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung. Die in der Praxis gelegentlich vorkommende Geheimhaltung der Zuschlagserteilung ist also nicht sinnvoll.

Bei diesem Verfahren kann Verfahrenshilfe beantragt werden. Ein Feststellungsverfahren kommt nur in Betracht, wenn der behauptete Rechtsverstoß nicht schon vorher in einem Nachprüfungsverfahren hätte geltend gemacht werden können und wenn

1. der Zuschlag rechtwidrigerweise nicht auf das Angebot des Best- bzw. Billigbieters erfolgte;

2. das Vergabeverfahren rechtswidrigerweise ohne vorherige Bekanntmachung durchgeführt wurde;

3. der Zuschlag rechtswidrigerweise ohne Mitteilung der Zuschlagsentscheidung erteilt wurde;

4. der Zuschlag aufgrund Rahmenvereinbarung oder dynamischem Beschaffungsverfahren rechtswidrig war;

5. der Widerruf rechtswidrig erfolgte;

6. dem Widerruf rechtswidrigerweise keine Mitteilung oder Bekanntmachung der Widerrufsentscheidung voraus ging;

7. der Auftraggeber nach erheblicher Überschreitung der Zuschlagsfrist und entgegen Ersuchen eines Bieters um Fortsetzung das Vergabeverfahren weder fortgesetzt noch mittels Zuschlagserteilung oder Widerruf beendet hat. In diesem Fall ersetzt die Feststellung des Gerichts die Widerrufserklärung des Auftraggebers.

Im Falle der aufgezählten Punkte 1, 4, 5 und 6 kommt es nicht nur auf die Rechtswidrigkeit, sondern auch auf deren Wesentlichkeit für den Verfahrensausgang an.

Wurde das Vergabeverfahren rechtswidrigerweise ohne vorherige Bekanntmachtung durchgeführt, der Zuschlag rechtswidrigerweise ohne bekanntgemachte Zuschlagsentscheidung erteilt oder der Zuschlag hinsichtlich Rahmenvereinbarungen oder dynamischen Beschaffungssystemen wegen Verstoßes gegen gewisse Rechtsvorschriften für rechtwidrig erklärt, so hat das Gericht den bereits geschlossenen Vertrag für absolut nichtig zu erklären.

In der Regel führt die Nichtigkeitserklärung zum selben Zustand, wie in dem Fall, dass nie ein Vertrag bestand. Kann die Leistung nicht mehr oder nur wertvermindernd zurückgestellt werden, wird der Vertrag vom Gericht erst für die Zukunft aufgehoben (z.B. bei Verträgen mit Stromanbietern, da der bereits bezogene Strom ja nicht mehr zurückgegeben werden kann). Ebenso kann der Auftraggeber beantragen, dass der Vertrag zur Gänze bestehen bleibt oder erst zu einem späteren Zeitpunkt aufgehoben wird. In diesem Fall hat das Gericht eine Interessensabwägung zwischen Antragsteller und Auftraggeber durchzuführen und entsprechend zu entscheiden. Sieht das Gericht von der Nichtigerklärung bzw. Aufhebung des Vertrags ab oder hebt den Vertrag erst zu einem späteren Zeitpunkt auf, so hat das Gericht eine

Geldbuße zu verhängen (im Oberschwellenbereich bis zu 20 %, im Unterschwellenbereich bis zu 10 % der Auftragssumme).

Zuständigkeit

Das Landesverwaltungsgericht ist dann Rechtsmittelgericht, wenn es vor allem um Aufträge des jeweiligen Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände. Ist nicht eines der neun Landesverwaltungsgerichte zuständig, so ist das Bundesverwaltungsgericht für alle anderen Vergabeverfahren im öffentlichen Bereich zuständig. bzw. richtet sich der Rechtsschutz bei Verfahren, in dem sich der Auftraggeber freiwillig dem Regime des BVergG unterwirft, nach dem Vertrag.

Gebühren

Sowohl für die Durchführung des Nachprüfungsantrags als auch für den Antrag auf Erlassung einer einstwilligen Verfügung und beim Feststellungsverfahren ist eine Pauschalgebühr zu entrichten. Diese ist bereits bei Antragstellung fällig und zwar auch dann, wenn der Antrag später wieder zurückgezogen wird oder sich als unzulässig erweist. Hinsichtlich der Höhe sei an dieser Stelle auf die BVwG-Pauschalgebührenverordnung Vergabe 2018 bzw. auf die Oö. Vergabe-Pauschalgebührenverordnung 2014 und die Salzburger Vergabekontrollgebühren-Verordnung 2018 sowie §§ 340 und 341 BVergG verwiesen.

Zudem gilt, dass jede Partei ihre Kosten (insbesondere nicht verpflichtende Rechtsvertretung) selbst zu tragen hat. Der obsiegende Antragsteller hat lediglich den Anspruch vom Auftraggeber die Pauschalgebühren ersetzt zu bekommen und zwar auch dann, wenn der Auftraggeber den Antragsteller während des Verfahrens klaglos stellt.

Achtung: Der Ersatz der Pauschalgebühren erfolgt nur über Antrag.

Rechtsschutz durch Zivilgerichte

Will man Schadenersatz geltend machen, so benötigt man das Vorliegen eines Feststellungserkenntnisses hinsichtlich des Vergabeverfahrens.

Zudem ist auch eine Unterlassungsklage nach dem Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb denkbar (z.B. wenn der Mitbewerber an der Ausschreibung selbst mitgewirkt hat).

 

Stand: 11.02.2021